Wenn Sie auf eine Krankheitsgeschichte mit Neurodermitis in Ihrer Kindheit zurückblicken, werden Sie das Auftreten von juckenden Ekzemen möglicherweise damit in Verbindung bringen. Hatten Sie bislang noch nie wissentlich mit Neurodermitis zu tun, dann liegt dieser Verdacht deutlich ferner. Hinzu kommt, dass man meistens Bilder von betroffenen Kindern vor Augen hat. Das erschwert die richtige Einordnung der Krankheitszeichen, da sich Neurodermitis im Erwachsenenalter deutlich anders zeigen kann – insbesondere was die Lokalisation der Ekzeme betrifft.
All dies könnten Gründe dafür sein, dass Erwachsene auffallend häufig Anzeichen für einen Neurodermitisschub ignorieren, selbst bei ausgeprägten Ekzemen nicht an die chronische Hautentzündung denken und spät einen Hautarzt aufsuchen.

Neurodermitis an den Händen
Die Haut der Hände ist vielen Reizfaktoren ausgesetzt. Dies trägt dazu bei, dass bei Erwachsenen Neurodermitis verbreitet an Handinnenflächen, Handrücken und Fingern auftritt.
Typische Symptome
Charakteristisch für jedes Lebensalter ist die stark trockene und schnell reizbare Haut. Dieses Merkmal wird jedoch häufig erst mit Neurodermitis in Zusammenhang gebracht, wenn man das Krankheitsgeschehen kennt, bzw. sich stark juckende Ekzeme zeigen. Die Ekzeme treten schubweise und, wie es manchmal scheinen mag, ganz unvermittelt auf. Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind am häufigsten die Arm- und Beinbeugen, Hände, Füße, Halsbereich, Stirn und Augenlider betroffen. Außerdem gibt es Unterformen der Neurodermitis, die vornehmlich bei Erwachsenen auftreten, wie z. B. die Kopf-Hals-Dermatitis (HND). Bei diesem Subtyp bilden sich Ekzeme an der Stirn, den Augenlidern, der Region um den Mund sowie am Hals, in schweren Fällen auch im gesamten Gesicht. Eine weitere Variante ist die Prurigoform der Neurodermitis mit juckenden, entzündlichen Knötchen an Armen und Beinen, mitunter auch am gesamten Körper. Der Begriff Prurigo kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Juckreiz“. Allerdings ist Juckreiz nicht auf die Prurigoform beschränkt, sondern grundsätzlich eines der quälendsten Neurodermitissymptome.
Symptome der Neurodermitis bei Erwachsenen
- Trockene Haut
- Juckende Ekzeme in den Arm- und Beinbeugen, an Händen, Füßen
- Hals-Kopf-Dermatitis mit juckenden Ekzemen im Halsbereich, an Stirn und Augenlidern und rund um die Mundpartie
- Prurigoform mit stark juckenden Knötchen an Armen und Beinen, mitunter am gesamten Körper
Das heftige Jucken der Haut ist eine enorme Belastung und zieht häufig weitere Beschwerden nach sich. Unruhe, Schlaflosigkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit sind solche Folgen, aber auch Schädigungen der Haut, die durch Kratzattacken entstehen. Mit diesen Verletzungen steigt das Risiko für Hautentzündungen, die wiederum eine Verschlechterung der Neurodermitis mit weiteren Juckreizschüben nach sich ziehen.

Juckreiz
Der heftige Juckreiz kann zur alles beherrschenden Wahrnehmung werden und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Schlaf- und Konzentrationsstörungen sind mögliche Folgen.
Hautärztliche Diagnose
Grundsätzlich sollten Sie die Beurteilung von Hautveränderungen einem Hautarzt oder einer Hautärztin überlassen. Diese können im Fall der Neurodermitis meist recht schnell eine sichere Diagnose stellen.

Blickdiagnose
Viele Hauterkrankungen lassen sich anhand ihrer charakteristischen Merkmale durch Blickdiagnose einordnen.
Häufig reicht der Blick auf Haut und Ekzembildung zur Ersteinschätzung. Eine wichtige Grundlage der weiteren Diagnostik ist die Erhebung Ihrer medizinischen Vorgeschichte, in der Fachsprache Anamnese genannt. Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin wird dazu einige Fragen stellen. Dabei geht es nicht allein um Ihre aktuellen Beschwerden und den Krankheitsverlauf, sondern es werden auch mögliche Grunderkrankungen, Allergien und die Einnahme von Medikamenten abgeklärt. Da es für Neurodermitis eine erbliche Veranlagung gibt, wird man Sie auch zu Hauterkrankungen und Allergien in Ihrer Familie befragen. Ebenfalls hilfreich sind Informationen zu Ihren Lebensumständen, z. B. Beruf und Arbeitsplatz, denn daraus können sich wichtige Anhaltspunkte für mögliche Auslöser der Hautveränderungen ergeben.

Symptomtagebuch
Zur Vorbereitung des Arztgesprächs ist es hilfreich, wenn Sie ein Symptomtagebuch führen. Notieren Sie, wann und in welchen Zusammenhängen, z. B. nach welchem Essen, die Beschwerden besonders heftig sind.
Nach der Hautuntersuchung und dem Anamnesegespräch hat der Arzt oder die Ärztin einen guten Einblick in das Krankheitsgeschehen. Entscheidend für die abschließende Diagnostik ist es, Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen sowie bestimmte Diagnosekriterien für Neurodermitis zu überprüfen. Trifft die Mehrzahl der Hauptkriterien für Sie zu, wird die Diagnose sehr wahrscheinlich Neurodermitis lauten.
Hauptkriterien für Neurodermitis im Erwachsenenalter
- Juckreiz
- Alterstypische Lokalisation der Ekzeme (z. B. Beugenekzeme, Hals-Kopf-Dermatitis)
- Chronischer oder chronisch wiederkehrender Verlauf
- Eigene Krankheitsgeschichte mit einer atopischen Erkrankung oder atopische Erkrankungen in der Familie
Darüber hinaus gibt es einige Nebenkriterien. Dazu gehören u. a. Hauttrockenheit, eingerissene Mundwinkel und Ohrläppchen, doppelte Augenlid-Unterfalte, Reibeisenhaut.
Hat Ihr Arzt oder Ihre Ärztin bei Ihnen Neurodermitis diagnostiziert, ist es für den weiteren Krankheitsverlauf bedeutsam, mögliche Provokationsfaktoren zu kennen. Daher schließt sich häufig eine Allergiediagnostik an, um Reaktionen auf z. B. Hausstaubmilben, Pollen, Tierhaare oder bestimmte Nahrungsmittel zu untersuchen.
Die gesicherte Diagnose ist der erste Schritt zu einer fachgerechten Behandlung. Und je früher diese beginnt, desto eher bekommen Sie Ihre Neurodermitis und alle damit verbundenen Belastungen in den Griff.
Viele, insbesondere erwachsene Neurodermitispatientinnen und -patienten nutzen diese Chance nicht, weil sie nicht oder erst sehr spät einen Hautarzt oder eine Hautärztin aufsuchen. Studien zur Versorgungsforschung zeigen, dass nur etwa die Hälfte der Betroffenen von einem Dermatologen betreut und versorgt wird. Das birgt die Gefahr, dass diese Patientinnen und Patienten keine leitliniengerechte Therapie erhalten.
Therapie nach Leitlinien
Die Behandlung von Erkrankungen soll idealerweise nach aktuellem Stand der Wissenschaft erfolgen. Um dies bestmöglich zu gewährleisten, schließen sich Mitglieder medizinischer Fachgesellschaften – im Falle der Neurodermitis ist die Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. die federführende Fachgesellschaft – zusammen. Diese Kommission wertet systematisch wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen aus und formuliert auf dieser Grundlage Empfehlungen zur Diagnose und Behandlung einer Erkrankung. Diese Behandlungsleitlinien bieten Ärztinnen und Ärzten verlässliche Entscheidungshilfen.
Die Leitlinien werden in regelmäßigen Abständen überarbeitet. Sie sind auch für Patientinnen und Patienten zugänglich, z. B. auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. Unter www.awmf.org finden Sie die Leitlinie Neurodermitis.